Hermann Brandstätter, Ludwig Grillich & Alois Farthofer
Der Zweck dieses Artikels ist es, die individuellen Gründe für den Abbruch eines Studiums zu erläutern. Die Analyse erfolgte aufgrund von Werten, die mittels, auf der Linzer Universität angebotenen Studienberatungstests, eingeholt wurden. Als Methoden um diese Daten zu veranschaulichen werden Cox-Regressionsanalysen, Strukturgleichungsmodelle und Mehrebenen-Analysen verwendet (vgl. Brandstätter, Grillich & Farthofer 2006, S. 121).
Der Begriff „Studienabbruch“ wurde von den Autoren derart definiert, als dass damit das Aufgeben des Universitätsstudiums und die Nicht-Wiederaufnahme dieses gemeint ist (vgl. Brandstätter, Grillich & Farthofer 2006, S. 121).
Als Vorzeigemodell für eine derartige Studienabbruch-Analyse kann die Längsschnittstudie, erstellt von der Frankfurter Arbeitsgruppe „Bildungsverläufe“, genannt werden. Diese zeigt verschiedene Risikofaktoren auf, welche die Wahrscheinlichkeit eines Studienabbruchs erhöhen bzw. senken. Auf diese Faktoren und weitere bauen die folgenden Analysen auf (vgl. Brandstätter, Grillich & Farthofer 2006, S. 121).
Als Einflussgrößen die das Risiko des Studienabbruchs erhöhen gelten laut dem Zeitschriftenartikel schwache/s schulische Leistungen (ergeben sich aus den Fächern Deutsch, Englisch und Mathematik), studiumsbezogenes und allgemeines kognitives Wissen, Interessensübereinstimmung mit dem Studiumsprofil, Zutrauen in die eigene intellektuelle Leistungsfähigkeit, Entscheidungssicherheit, intrinsische Studienmotivation, Selbstkontrolle, Belastbarkeit und Introvertiertheit (vgl. Brandstätter, Grillich & Farthofer 2006, S. 122).
Analysiert wurden die Werte aus Studienberatungstests, an welchen 948 Maturantinnen und Maturanten im Zeitraum von 1991 bis 1998 an der Universität Linz teilgenommen haben. Alle Befragten haben nach ihrem Schulabschluss ein Studium an einer der drei Fakultäten an der Johannes-Kepler-Universität begonnen (vgl. Brandstätter, Grillich & Farthofer 2006, S. 122).
Das Studium wurde als Abgebrochen angesehen, wenn es die Studierenden in der Befragung angaben oder die letzten 3 Semester keine Prüfungen absolviert wurden und gleichzeitig die studentischen Leistungen unter dem Studiendurchschnitt lagen (vgl. Brandstätter, Grillich & Farthofer 2006, S. 123).
Um den zukünftigen Verlauf und den eventuellen Abbruch des Studiums voraussagen zu können, wurden Methoden wie Tests, Fragebögen und persönliche Fragestellung verwendet. Die Ergebnisse dieses Programms bezeichnet man als Studienberatungsdaten (Prognosedaten). Nach 2 bis 8 Jahren nach den Studienberatungstests wurde eine abermalige Befragung durchgeführt, um über die Erfahrungen und Ereignisse während des Studiums, wie bestandene Prüfungen, sowie über die persönliche Lernmotivation der Studierenden, Aufschluss zu erhalten (=Erfolgsdaten) (vgl. Brandstätter, Grillich & Farthofer 2006, S. 123).
Nach Vervollständigung der Daten wurden diese anhand der drei schon erwähnten Analysemethoden bearbeitet (vgl. Brandstätter, Grillich & Farthofer 2006, S. 123.124)
In dieser Analyse geht es darum, die Dauer, in Form von Studiensemestern, zwischen Studienbeginn und -abbruch festzustellen. Diese, als „abhängige Variable“ bezeichnete Zeitspanne (auch „Drop-Out“ genannt) wird von den Risikofaktoren negativ bzw. positiv beeinflusst. Als entscheidender Einflussgröße auf die Variable, stellte sich der Verlauf des ersten Studiensemesters heraus. Hier hängt es jedoch nicht nur von den tatsächlichen Semesterleistungen, sondern vielmehr von der Bewertung dieser Leistungen durch die Studierenden ab. Die Unzufriedenheit mit dem Studium, sowie Schwächen bei Testleistung, Belastbarkeit und Problembelastung der Studienwahl sind, laut einer nachträglichen Studie von Bergmann, Brandstätter und Eder, essentielle Ursachen für den Studienabbruch (vgl. Brandstätter, Grillich & Farthofer 2006, S. 124-126).
Anders als bei der Cox-Regressionsanalyse ist hier nicht der „Drop-Out“ die maßgebliche Variable, sondern die „Stabilität der Studienwahl“. In diesem Modell werden die vorhin bestimmten Risikofaktoren mit einer Anzahl von beobachteten Variablen in Beziehung gesetzt. So werden die einzelnen Auswirkungen der Einflussgrößen aufeinander sichtbar. Bei dieser Analyse ergaben sich der Zeitaufwand für Erwerbstätigkeit, die Erstsemester-Leistung und die Studienzufriedenheit. als die bedeutenden Determinanten für die Stabilität der Studienwahl (vgl. Brandstätter, Grillich & Farthofer 2006, S. 126-128).
Bei dieser Methode wird, was bei den zwei bisherigen Analysen vernachlässigt wurde, die Abhängigkeit der Studienerfolgskriterien zwischen Studierenden innerhalb der verschiedenen Studienrichtungen genauer betrachtet. Abhängige Variable ist wiederum der „Drop-Out“. Die Analysen ergaben jedoch keine signifikanten Unterschiede zwischen den Fakultäten bzw. Studienrichtungen (vgl. Brandstätter, Grillich & Farthofer 2006, S. 128)
Diese Studie sagt ausschließlich etwas über die individuellen Einflussfaktoren auf den Studienerfolg aus. Andere Gegebenheiten, wie die Organisation des Studiums, werden hier außer Acht gelassen (vgl. Brandstätter, Grillich & Farthofer 2006, S. 128).
Schul- und Testleistungen, widergespiegelt in der Qualität und Quantität der Prüfungen im Erstsemester, spielen eine entscheidende Rolle bei der Bewertung des Studienabbruch-Risikos. Auch Persönlichkeitsmerkmale, sowie die eigene Zufriedenheit mit dem Studium und die Problembelastung des Studiums haben großen Einfluss auf das Drop-Out-Risiko. Eine ausführliche Information vor Aufnahme des Studiums kann daher bei der Vermeidung von Risikofaktoren hilfreich sein (vgl. Brandstätter, Grillich & Farthofer 2006, S. 128-129).
Brandstätter, H., Grillich, L. & Farthofer, A.(2006). Prognose des Studienabbruchs. Zeitschrift für Entwicklungspsychologie und Pädagogische Psychologie, 38 (3), 121-131