Psychologische Begriffsbestimmungen/7

Generalisierung 

Im Allgemeinen bedeutet Generalisierung die Verallgemeinerung von etwas. Bringt man aber den Begriff Generalisierung mit der Psychologie in Zusammenhang, so wird meist von Generalisation oder Reizgeneralisation gesprochen. Das bedeutet, dass Verhaltensweisen, die bei einem Lernprozess mit einer bestimmten Reizsituation gekoppelt wurden, im Folgenden auch durch andere ähnliche Reize hervorgerufen werden können.

1. Definition

Walter Edelmann beschreibt Generalisierung in der Psychologie anhand des Paradebeispiels von Pawlow. Dabei konnte man beobachten, dass ein Hund, der gelernt hatte, auf einen Ton einer bestimmten Schwingungszahl Speichel absondert, auch auf ein etwa niedrigeren oder höheren Ton die gleiche bedingte Reaktion zeigte. Ebenso kann man dieses Beispiel auch auf die Menschheit umlegen. Kinder, die vor dem Vater Angst haben, könnten diese Angst auch bei Anwesenheit andere männlicher Erwachsener oder vor dem Lehrer äußern. Dieser Effekt wird Reiz-Generalisierung genannt. Das Gegenteil dazu wird in der Psychologie als Reiz-Differenzierung oder auch als Diskrimination bezeichnet (vgl. Edelmann 2000, S. 39).

2. Definition

„Schluss von einem Teil auf das Ganze, von einem Element auf eine Elemtenklasse. Die G. stellt eine Vorgehensweise innerhalb der à Induktion dar. Ausweitung, Verallgemeinerung von Erscheinungen. Gegensatz: à Differenzierung. Man unterscheidet Reizgeneralisierung (Stimulusgeneralisierung) und à Reaktionsgeneralisierung. G. tritt häufig spontan auf (indem z.B. in der Therapie gelerntes neues Verhalten auch in der Realität gezeigt wird); noch häufiger allerdings muss die G. geplant unterstützt werden, damit die Therapie erfolgreich ist“ (Lexikon zur pädagogischen Psychologie und Schulpädagogik 1980, S. 83).

3. Definition

Zimbardo definiert Reizgeneralisation oder Reizgeneralisierung als automatische Ausdehnung der konditionierten Reaktion auf Reize, welche noch nicht in Zusammenhang mit dem ursprünglichen unkonditionierten Reiz aufgetreten sind. Ist der neue Reiz dem trainierten Reiz ähnlicher, so wird auch die Reaktion stärker ausfallen. Meist lösen auch schon ähnliche Reize die gleiche Reaktion aus. Zum Beispiel wird sich ein Kind, das von einem großen Hund gebissen worden ist, auch auf kleinere Hunde ängstlich reagieren (vgl. Zimbardo 1995, S. 207).

4. Definition

a.     Die Verallgemeinerung

b.     Kartographie: die vereinfachte Wiedergabe der Wirklichkeit in Karten, bes. alle Vorgänge, durch die der Inhalt einer Ausgangskarte beim Übergang in einen kleineren Maßstab oder themenbedingt grafisch umgestaltet wird. Dabei entfällt Unwesentliches (z.B.: durch Konturenvereinfachung), Wesentliches bleibt, wird vergrößert oder zusammengefasst (z.B.: mehrere Häuser zum Gebäudeblock) oder geht in höheren Einheiten auf (z.B.: Laub- und Nadelwald in Wald)

c.     Lernpsychologie: Generalisation, Bezeichnung für das Phänomen, dass Verhaltensweisen, die bei einem Lernprozess mit einer bestimmten Reizsituation gekoppelt wurden, im Folgenden auch durch andere ähnliche Reize hervorgerufen werden können. So wird sich beispielsweise ein Kind, das von einem bestimmten Hund gebissen wurde, künftig mit großer Wahrscheinlichkeit auch von anderen Hunden fürchten. Es kann sogar vorkommen, dass das Kind anderen gegenüber vorher nicht gekannte Furchtreaktionen zeigt.

d.     Logik: eine Form der Verallgemeinerung. Ersetzt nun in einer einfachen Allaussage den Grundbereich des Allquantors durch eine Obermenge desselben, so liegt eine Generalisierung vor; so wird beispielsweise aus „Alle Menschen sind sterblich“ durch Generalisierung „Alle Lebewesen sind sterblich.“ Die Generalisierung v on der Universalisierung zu unterscheiden.

e.     Medizin: Ausbreitung einer Krankheit auf ein ganzes Organsystem (z. B. Haut) oder den ganzen Körper, z. B. durch Einschwemmung von Erregern in die Blutbahn (Bakteriämie, Virämie) in der zweiten Phase der zykl. Infektionskrankheiten oder durch Streuung von einem Herd (Brockhaus Die Enzyklopädie 1994, S. 308f).

5. Definition

„Generalisation (Generalisierung) ist ein Grundbegriff der Lerntheorien. Er bezeichnet die Tatsache, dass Verhaltensweisen, die in einem Lernprozess mit einer bestimmten Reizsituation gekoppelt wurden, nicht nur durch diese, sondern auch durch ähnliche Reizsituationen hervorgerufen werden können. Erklärt wird das Phänomen von I. P. Pawlow durch die Annahme einer Irradiation von Erregung über die Großhirnrinde; von C. L. Hull, indem er innerorganismische vermittelnde Reiz-Reaktions-Ketten postuliert; von E. R. Guthrie, der es auf gemeinsame Elemente der Reizsituation zurückführt. G. wird zur Erklärung solcher Phänomene wie „Übungsübertragung“, „transfer“ usw. herangezogen. Generalisierungsgradient bezeichnet die Rangordnung verschiedener Reizvarianten nach der Größe ihrer Tendenz, eine Antwortreaktion hervorzurufen, die zuvor mit einer bestimmten Varianten gekoppelt worden war. Sie ist eine Funktion der Intensität dieser Kopplung und hat so viele Dimensionen, wie viele Variablen der Reiz haben kann“ (Lexikon der Psychologie 1980, S. 718).

6. Definition

„Verallgemeinerung, Schluss von einem Teil auf das Ganze, von einem einzelnen Gegenstand auf eine ganze Klasse. Im Sinne von PAWLOW wird mit G. das primitivere Erststadium bei der Herstellung eines à bedingten Reflexes bezeichnet. Die bedingte Reaktion ist noch nicht eindeutig auf eine eng abgegrenzte Reizgröße erfolgt, sondern auf einen gewissen Bezirk aus dem Reizkontinuum. Nach dem Stadium der G. erfolgt das der Differenzierung, d.h., die bedingte Reaktion tritt nur noch auf einen bestimmten Reiz hin ein. Neurologisch soll der G. eine Ausbreitung der Erregung im ZNS entsprechen (PAWLOW u. a.). Ist z.B. der à psychogalvanische Reflex auf einen Ton bestimmter Schwingungszahl konditioniert und erfolgt die bedingte Reaktion auf mehrere ähnliche Töne auch, so zeigt sich, dass die Intensität der bedingten Reaktion auf höhere und niedere Töne schwächer wird bis zu ihrem völligen Ausbleiben (Generalisations-Gradiant). Solche Töne wegen ihrer Fähigkeit, dieselbe Reaktion hervorzurufen, à äquivalente Reize (KLÜVER) bzw. konvergierende Reize (HULL) genannt werden. Bezieht sich die G. wie im beschriebenen Fall auf die Reize, spricht man von Reiz-G. (stimulus g.). Davon zu unterscheiden sind Reaktions-G. (response g.) und die Reizreaktionen-G. (stimulus response g.), wenn auf einen Reiz jeweils unterschiedliche Reaktionen erfolgen oder wenn (im zweiten Fall) jeder Reiz eines bestimmten Bereiches des Reizkontinuums eine bestimmte Reaktion aus einem Bereich von ähnlichen Reaktionen hervorrufen kann. Von sekundärer G. spricht man, wenn Reize bestimmter Sinnesgebiete dieselbe Reaktion hervorrufen. So kann z.B. sowohl die Stimme (akustischer Reiz) als auch das Gesicht (optischer Reiz) einer Person die Erinnerung an ihren Namen hervorrufen. Hier handelt es sich nicht eigentlich um G., sondern um gelernte Reizreaktionsverbindungen. Der Begriff der G. ist auch zur Erklärung von Übertragungseffekten (à Transfer) herangezogen worden an Stelle der Annahme von identischen Elementen. Zeigt z B. ein Mensch in verschiedene Reizsituationen dieselbe konstante Verhaltensweise, etwa im Sinne einer Charaktereigenschaft, spricht DEWEY von generalisierten oder übertragbaren Gewohnheiten (generalized habit). Im Zusammenhang mit Psychotherapie bedeutet Generalisation das Ausweiten bzw. Übertragen einer positiven o. negativen Veränderung auf andere Bereiche“ (Psychologisches Wörterbuch 1998, S. 315).

Siehe auch Generalisierung

Verwendete Literatur

Brockhaus (1994). Die Enzyklopädie. Leipzig; Mannheim: Brockhaus

Brunner, R. & Zeltner, W. (1980). Lexikon zur pädagogischen Psychologie und Schulpädagogik. München: Verlag Reinhardt

Edelmann, W. (2000). Lernpsychologie. Weinheim: Beltz, Psychologie-Verl.-Union

Häcker, H. & Stampf, K. (1998). Dorsch Psychologisches Wörterbuch. Bern: Verlag Hans-Huber

Wilhelm, A., Eysenck, H.-J. & Meili, R. (1980). Lexikon der Psychologie. Basel/Wien: Herder Freiburg

Zimbardo, P. (1995). Psychologie. Berlin: Springer Verlag

Generalisierung bedeutet „Verallgemeinerung“, bzw. „die Schlussfolgerung von einem Teil auf das Ganze“ (Brunner & Zeltner 1980, S. 83).

In der Psychologie spricht man von einer Reizgeneralisierung, wenn eine Reaktion auf einen bestimmten Reiz gelernt worden ist, jedoch auch ähnliche Reize die gleiche Reaktion auslösen können (vgl. Zimbardo 1988, S. 270).

Das Pawlowschke Experiment ist hierfür sehr bekannt, bei dem ein Hund, durch einen bestimmten Ton, oder ein bestimmtes Licht, Speichel produzierte, da er diesen Reiz (Ton oder Licht) mit Futter generalisierte (vgl. Wiedemann 2005, S. 52, 53). 

Der Mensch generalisiert ständig. Wir kommen an eine Universität, treffen ein paar Studenten, besuchen ein paar Kurse und ziehen daraus unsere Schlussfolgerung: ansprechendes Gebäude, gute Professoren (vgl. Meyers 2005, S. 30).

„Generalisierung hat prinzipiell sowohl positive als auch negative Konsequenzen“. Ein positives Beispiel ist, ein Kind generalisiert die Bezeichnung Hund auf praktisch jedes neue Tier, das es kennen lernt, mit ähnlichen äußeren Merkmalen.

Die negative Seite hingegen ist, dass „ein Kind das gelernt hat sich vor einen bestimmten Hund zu fürchten, diese Furcht wahrscheinlich auch auf andere Hunde generalisiert“ (Bourne & Ekstrand 2005, S. 149).

Verwendete Literatur


Siehe auch das
Lexikon für Psychologie und Pädagogik

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